Praxisbeispiel Datennutzung zur Qualitätssicherung

Freie Universität Berlin

- Volluniversität, 12 Fachbereiche, 4 Zentralinstitute
- Studierende: 33.000 (WS 2021/2022)
- Abgeschlossene Promotionen: 518, davon 119 (23%) in einem Promotionsprogramm (2021)

Dahlem Research School

Seit 2007 ist die Dahlem Research School (DRS) das Zentrum für Wissenschaftler:innen in ihrer frühen Qualifikations- und Berufsphase an der Freien Universität Berlin. Auftrag der DRS ist es, für optimale Promotionsbedingungen zu sorgen und dafür geeignete Strategien und Fördermaßnahmen zu entwickeln. Dazu gehörte zunächst hauptsächlich die Förderung der strukturierten Promotion durch die Entwicklung von Promotionsprogrammen. Inzwischen zählt auch die Sicherung von Standards für gute Promotionen an allen Fachbereichen und Zentralinstituten der Universität zum Aufgabenbereich. Darüber hinaus sollen Wissenschaftler:innen mit gezielter professioneller Beratung und einem ausdifferenzierten Veranstaltungsprogramm zur überfachlichen Qualifizierung in ihrer Karriereentwicklung unterstützt werden.

Qualitätssicherung an der DRS

Die Freie Universität Berlin hat ihre Erfolge in der Exzellenzinitiative 2007 bzw. 2012 u.a. dafür genutzt, den Aufbau von Promotionsprogrammen zu initiieren, um mithilfe solcher Programme das Feld der Promotion tiefgreifend umzugestalten. Dazu gehörte von Anfang an ein umfassendes Qualitätssicherungssystem, das neben einheitlichen Verfahren und Standards der Programmpromotion (bspw. Betreuungsvereinbarungen und Teambetreuung) auch die Einrichtung geeigneter Messinstrumente umfasste, mit denen Angebote und Leistungen der DRS einerseits, Erfolge der Programmpromotion andererseits nach bestimmten Indikatoren erfasst und längsschnittartig vergleichbar gemacht werden konnten. Jedes Jahr werden die erhobenen Daten ausgewertet und besonders aussagekräftige Ergebnisse in Form der Broschüre „Facts and Figures“ veröffentlicht. Die „Facts and Figures“ wurden insbesondere auch bei Begehungen einschlägiger Anträge aus dem Bereich Graduiertenförderung ausgelegt und dienten damit der anschaulichen Dokumentation des an der Freien Universität betriebenen Systems der Qualitätssicherung.

Promovierendendaten als Grundlage

Seit Einführung der verpflichtenden Hochschulstatistik für Promovierende mit der Novelle des HStatG zum 1. März 2016 liegen nun zunehmend auch verlässliche Daten zu den Individualpromovierenden vor und erlauben Vergleiche zwischen beiden Promotionsarten. Neuerdings kann die DRS zusätzlich auf die Ergebnisse der Längsschnittstudie Nacaps zurückgreifen, welche durch die Kooperation der Freien Universität Berlin mit dem Deutschen Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung (DZHW) verfügbar sind. In regelmäßigen Abständen werden von Nacaps bundesweit Wissenschaftler:innen zu Promotionsbedingungen und -erfolgen, Karriereabsichten und -verläufen sowie Lebensbedingungen befragt. Die beteiligten Universitäten erhalten einen Mikrodatensatz, den sie für weitere Forschung nutzen können. Ausgewählte Ergebnisse sowohl der DZHW-Auswertung als auch eigener Datenbefragung fließen seit der ersten Erhebung im Februar 2019 auch in den statistischen Bericht der DRS (die „Facts and Figures“) ein.

Gemäß Berliner Hochschulgesetz müssen sich Promovierende, die nicht durch eine Beschäftigung bereits Mitglied der Universität sind, nach der Zulassung zur Promotion durch den jeweiligen Fachbereich zusätzlich immatrikulieren. Geschieht dies nicht innerhalb einer bestimmten Frist, verliert die Zulassung ihre Gültigkeit. Beschäftigte sollen sich ebenfalls immatrikulieren. Daher kann die DRS Schlüsseldaten wie Anzahl der Promovierenden, Nationalität, Geschlecht, Fachsemester, Fachbereich, Fach, Beginn der (Programm-)Promotion sowie das Datum der Promotion (= Datum der Disputation) aus der Immatrikulationsdatenbank beziehen. Auch steht das Datum einer eventuellen Exmatrikulation zur Verfügung, doch lässt sich daraus allein nicht ableiten, ob die Promotion abgebrochen, unterbrochen oder an anderem Ort fortgesetzt wird. Hier betreibt die DRS eigene weitere Nachforschungen zum Verbleib. Klärung bringt meist schon der enge Austausch zwischen der DRS und den Koordinator:innen der Programme, die fehlende Daten ergänzen oder verifizieren. Jenseits der zentralen Systeme fragt die DRS bei den Programmen zusätzliche Daten bspw. zu ihren Auswahlverfahren ab.

Inhalt der Broschüre „Facts and Figures“

Basierend auf den Daten werden Analysen zu den Promotionsprogrammen sowie den daran teilnehmenden Promovierenden erstellt. So sind unter anderem längsschnittliche Betrachtungen zur Entwicklung der strukturierten Promotion an der Freien Universität, zur Anzahl der Promovierenden oder zu den Abschlusszahlen seit dem Jahr 2009 möglich.

Detailliertere Analysen widmen sich der Bewerberlage, den Aufnahmen sowie den Promotionsabschlüssen. Anhand der Daten können verschiedene Fragestellungen beantwortetet werden, wie etwa beispielhaft: Wie viele deutsche bzw. internationale Bewerbungen sind eingegangen? Wie verteilen sich männliche und weibliche Bewerber? Wie sehen diese Angaben in Bezug auf die jeweilige Fächergruppe aus? Aus welchen Herkunftsregionen setzt sich die Gruppe der Promovierenden der Promotionsprogramme zusammen? Wie verhält sich die tatsächliche Bewerberlage zu den strategischen Entwicklungszielen der Universität im Handlungsfeld Internationalisierung? Wie verhält sich der Anteil der internationalen Bewerber:innen zu dem der zugelassenen internationalen Promovierenden (in der jeweiligen Fächergruppe) und gibt es ggf. Auffälligkeiten in diesem Verhältnis? Sowie viele weitere mehr.

Zudem werden die Promotionsabschlüsse näher betrachtet: Wie viele Abschlüsse werden von internationalen bzw. deutschen Promovierenden erreicht und wie hoch ist der Anteil von Frauen? Wie lange dauert die Promotion und wie viele Promovierende wurden ohne Abschluss exmatrikuliert? Wie verhalten sich die Promotionsnoten der individuell Promovierten zu denjenigen, mit denen Programmpromovierende ihren Abschluss erreichten?

Darüber hinaus gibt es seit 2020 ein Career-Tracking Projekt an der DRS. Hierzu werden die Laufbahnen der vor jeweils 10 Jahren promovierten Personen untersucht und in Erfahrung gebracht, wie viele in der Wissenschaft geblieben bzw. in andere Bereiche abgewandert sind, in welchen Sektoren sie arbeiten, wie viele in Deutschland geblieben sind bzw. im Ausland arbeiten und welche Karrierestufe sie zum Zeitpunkt der Erfassung erreicht haben.

Strategische Bedeutung und Bedeutung für die Hochschulsteuerung

Für die Hochschulleitung geben die längsschnittlichen Betrachtungen Auskunft über die Entwicklung der Programme und strukturierten Promotionen, ihre Erfolge und ggf. die Richtung, die die Weiterentwicklung einschlagen sollte. Die Daten und ihre Auswertung sind damit eine wesentliche empirische Grundlage für die Maßnahmenentwicklung und die Ressourcensteuerung. Nicht zuletzt auf dieser Grundlage konnte die DRS als Zentraleinrichtung der Universität im Jahr 2021 verstetigt und mit dem erweiterten Auftrag ausgestattet werden, die belegbaren Erfolge der strukturierten Promotion und der Promotionsprogramme in der Graduiertenausbildung auf die große Mehrheit der Promovierenden zu übertragen, die außerhalb von Programmen ihre Promotion verfolgen.

Dies lässt sich schlaglichtartig anhand eines Beispiels verdeutlichen. Die Promotionsbedingungen an der Freien Universität sind sehr heterogen. Insbesondere zu den Promotionen im Rahmen von Kooperationen mit außeruniversitären Forschungseinrichtungen, für deren Qualität die Universität aber letztlich die Verantwortung trägt, bestehen zum Teil größere Informationslücken, da dieses Merkmal während der Promotion von der Hochschulstatistik nicht erfasst wird. Die Fachbereiche der Universität können keine verlässliche Angabe machen, welche ihrer zur Promotion Zugelassenen tatsächlich gar nicht am verantwortlichen Fachbereich promovieren, sondern an einer der außeruniversitären Partnereinrichtungen. Zu den konkreten Bedingungen, etwa der Betreuungssituation und dem Arbeitsumfeld dort, liegen ebenfalls in der Regel keine Informationen vor. Daraufhin beschloss das Präsidium, an der DRS ein Projekt zur Erfassung von kooperativen Promotionen einzurichten, das im Oktober 2022 startet. Geplant ist, eine Bestandsaufnahme (Vollerhebung) der externen Promotionen zu unternehmen sowie die Promovierenden ausführlich zu ihren Promotionsbedingungen zu befragen. Die gewonnenen Informationen sollen letztlich dazu dienen, Qualitätssicherungsmaßnahmen der externen Promotion zu konzipieren und in Abstimmung mit Hochschulleitung und Fachbereichen zu implementieren.

 

Andrea Dünschede
Referentin für Qualitätssicherung

Freie Universität Berlin
Dahlem Research School (DRS)

Hittorfstr. 16, 14195 Berlin
030 838 50543
andrea.duenschede@fu-berlin.de
www.fu-berlin.de/drs  

Facts and Figures 2020